Samstag, 27. August 2011

Mass Effect 2

Es gibt Spiele, die ich für häßlich halte. Nicht die Grafik in Spielen sondern das Spiel als ganzes, es gibt sozusagen Spielfunktionalität, die ich als unästhethisch empfinde. Oft brauche ich so ein Spiel gar nicht spielen, ich schau mir ein Video an oder wie jemand anders spielt und die Abläufe auf dem Bildschirm und alles, was sie ausmacht: wie die Gegner Entscheidungen fällen, wie sie auf Angriffe reagieren, wie die eigene Figur sich durch die Welt navigieren lässt, welche Übergangsanimationen es gibt, wie ein Menü in das Spielgeschehen eingreift, wie der Welt Grenzen gesetzt sind, all das kommt meinem Empfinden quer und ist häßlich. Nier ist so ein Spiel, die Fallout Reihe, Knights of the Old Republic, auch Star Wars: The Old Republic. Dragon Age ist auch so ein Spiel und im nachhinein frage ich mich, wie ich vor Jahren dazu gekommen bin, Mass Effect 1 eine Chance zu geben. Da war was mit Jade Emprire, glaube ich. Und daß die Vorabvideos nichthäßlich ausgesehen haben.

In einem meiner ersten Beiträge überhaupt auf dieser Seite habe ich geschrieben, daß Mass Effect 2 mein Lieblingsspiel werden könnte, wenn es nicht so derbe ruckelt. Nun, es ruckelt ...derbe, komischerweise hauptsächlich in Zwischensequenzen und am wenigsten in Kampfsituationen. Ich will nicht so weit gehen, zu sagen, daß es mein neues Lieblingsspiel ist, aber es ist das erste Mal seit langem, daß ich mich zwingen musste, mit dem Spielen aufzuhören. Wer hätte das gedacht? Ab und zu lobe ich Spiele sogar. Aber warum ist das so?


Mass Effect 2 baut die Stärken aus und minimiert die Schwächen von Teil 1. Die Nebenmissionen mit dem Buggy auf zufällig errechnete Planeten sind mit Nebenmissionen ersetzt worden, die zum Teil zu Fuß stattfinden oder mit einem neuen halbfliegenden Gefährt auf Planeten, die von Leveldesignern statt vom Zufallsgenerator zusammengestellt wurden und sich im Setting und in ihrer Spielweise unterscheiden und einen eigenen Twist haben. Die regelmäßige Säuberung des vollen Inventorys, eine Tätigkeit mit dem Charakter von Akkordarbeit, entfällt, weil es kein Inventory mehr gibt. Typische Rollenspieler beklagen den Wegfall von "Tiefe", ich begrüße die Begrenzung auf sinnvolle, immer noch rollenspielige Tätigkeiten im Spiel wie die Entscheidung, welche Extrawaffe man nimmt, mit welchen statusverändernden Teilen man seine Rüstung ausstattet, welche Technologie man zuerst kauft und welche Superkräfte man wie weit ausbaut.

Dadurch, daß verschieden gut ausgestattete Spieler auf die selben Gegner treffen, haben die Spielentwickler weniger Kontrolle über den Schwierigkeitsgrad, der unüblich stark und für den Spieler nicht besonders nachvollziehbar schwankt aber das macht nichts. Mass Effect 2 ist nämlich das Spiel, das dem Halo Angriffsspektrum von Schuß, Schlag, Granate am nächsten kommt und zwar mit den Kräften und ihre Kombinationen. Man kann einen Mitstreiter ein "force pull" machen lassen, um dann mit einem eigenen "force push" nachzusetzen, das mehr Energie abzieht und spektakulärer aussieht als wenn der Gegner auf dem Boden gewesen wäre. Oder ein Mitstreiter setzt den Gegner in Brand und man schickt ein Warp-Ball hinterher, der das Feuer mitbenutzt, um noch mehr Schaden zu machen. Es ist fast ein bißchen schade, daß das Spiel nicht einen zwingt, sich mehr Gedanken über die Kräftekombinationen zu machen, denn man kann das Spiel immer noch wie Gears of War durchspielen. Und die Gegner zeigen nie die Gruppendynamik ihrer Kollegen aus Halo. Und die Übergänge von Deckung zu Deckung haben weniger Vielfalt als Gears of War 1. Aber das alles ist schnell vergessen, wenn man geschickt einen Warp-Curveball um eine Säule schickt und der Gegner aus seiner Deckung fliegt. STRIKE!

Die Dialoge sind noch mal verbessert worden und es ist erstaunlich wie oft die Autoren es geschafft haben, Charaktere nicht in einer Grauzone sondern in ein moralisch buntes Bild zu bewegen, in denen Aktionen auf den ersten Blick falsch/böse aber später für "anständige" Leute trotzdem nachvollziehbar sind. Meine Lieblingsgeschichte ist die des Vaters von Jacob. Überhaupt schaut man zwar die Mechanik, die hinter dem Dialogsystem steckt, schnell durch, womit sich die Charaktere als Automaten enttarnen, das hat mich am Ende des Spiels aber nicht daran gehindert, meine Crew wie eine Familie zu sehen, weil ich ihnen geholfen habe, ihre Dämonen zu bekämpfen. Das schwächste Glied in der Charakterisierung ist der Hauptcharakter Shepard. Weil die Reaktionen der anderen auf ihn meist dieselben sind, egal wie man sich verhält, wirkt er mehr wie ein leeres Blatt verglichen mit jedem anderen Charakter. Seine Anbaggereien sind das schlimmste.

Mit dem Rest der Welt hat sich Bioware auch Mühe gegeben. Zum größten Teil aus dem Vorgänger übertragen ist eine Geschichte mit einem Geflecht von Beziehungen zwischen den Alienrassen, in denen es ebenfalls kein Gut und Böse gibt und es so aussieht, als ob jede Aktion sich aus einer nachvollziehbaren Motivation ergibt. Das ist die eine Front, die die Welt anbietet; die andere sind hübsche Umgebungen, die den Forscherdrang wecken und zum Entdecken einladen. Es hat mich ein wenig an die Zeit erinnert, in denen Adventures ihre Blüte hatten. In Monkey Island 2 habe ich es auch als Belohnung empfunden, neue, schön gezeichnete Umgebungen zu sehen, nachdem ich ein paar Rätsel entdeckt habe. Das Gefühl ist immer seltener geworden. Eine Notiz noch dazu: die Anfangsumgebungen und auch die in der Demo sind mit großem Abstand die schwächsten, die das Spiel hat. Schon wieder!


Cliffy B hat mal gesagt, daß der Nachfolger eines Spiels sich grafisch nicht mit dem Vorgänger zu vergleichen hat sondern mit der Erinnerung der Menschen an den Vorgänger. In diesem Sinne war ich überrascht, daß die Animatonen schlechter waren als meine Erinnerung an Mass Effect 1. Seltsam ist, daß der eigene Charakter sich am besten bewegt; die Mitstreiter, über die der Rechner mehr Kontrolle hat und vorhersehen kann, was sie machen, sehen weit mechanischer aus. Auch sonst scheinen sie oft nicht entscheiden zu können, wohin sie laufen wollen und tragen von alleine wenig dazu bei, daß die Kämpfe cool aussehen. Zumindest stören sie nicht. Die Ladezeiten sind zu lang und oft schlecht positioniert. Warum sie es nicht geschafft haben, daß man sich durch das Schiff ohne Ladezeiten zwischen jedem Stockwerk bewegen kann, ist mir ein Rätsel. Daß sie Ladezeiten nicht mit den sowieso vorhandenen Zwischensequenzen maskiert haben, wenn man auf einen Planeten landet, ist auch lasch. Man kriegt dann noch ein zusätzliches Video von den Plänen einer Landung. Argh!

Die Musik ist gut aber schlecht abgemischt. Das Ruckeln habe ich schon erwähnt und es war der Grund, warum ich mich vor einem Jahr gefragt habe, ob ich die PC Version kaufen soll oder nicht. Ich habe mich entschieden, die Trilogie erstmal auf der Xbox durchzuspielen, weil ich meinen Shepard aus Teil 1 liebgewonnen habe. Wenn ich Zeit und Lust habe, kaufe ich später noch die PC Versionen und spiele es mit einem gemeinen, weiblichen Shepard durch.
Somit habe ich meine Pflicht getan und Mass Effect 2 durchgespielt, bevor Teil 3 erschienen ist, so daß ich mir eine gute Pause zwischen Vorgänger und Nachfolger gönnen kann. Jetzt muß ich das nur noch mit Assassin's Creed Brotherhood machen, CoDBLOPs, Battlefield BC2, Super Paper Mario, Mario Galaxy 2 und Final Fantasy XIII.

Letzteres war ein Witz.

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